Der Curzútt-Gebäudekomplex

Die tiefgreifenden Veränderungen in unserer Gesellschaft haben zwangsläufig die Beziehung zwischen Menschen und Territorium verändert. In den letzten Jahrzehnten konzentrierte sich das Interesse vor allem auf den urbanen Raum. Die „Reste“ des Tessiner Territoriums, reich an Geschichte und Werten, wurden oft ihrem Schicksal überlassen, da ihre spezifische wirtschaftliche Funktion nachliess. Im Folgenden bieten wir einige Details zum Curzútt-Gebäudekomplex.

 

Geschichte, Architektur und Denkmäler
Die auf 600 m ü. M. gelegene Kirche San Barnárd gehört zum engen Kreis der Denkmäler von überregionaler Bedeutung (Kategorie A) in der Region Bellinzona.
Weitab vom Strassennetz gelegen und nur mit der Luftseilbahn (oder zu Fuss auf teils schwierigen Wegen) zu erreichen, war dieses bedeutende Monument früher eher unbekannt und wurde selbst von Tessinerinnen und Tessinern kaum besucht.
Diese eindrucksvolle Kirche (deren wertvolle Fresken nach den Restaurierungsarbeiten der letzten Jahre einigermassen gut erhalten sind) war von einigen verstreuten Häusergruppen umgeben, in denen die Bewohnerinnen und Bewohner von Monte Carasso bis 1700 dauerhaft residierten. Von diesen alten Siedlungen ist Curzútt die einzige, die die Jahrhunderte überstanden hat.
Deren historischer und architektonischer Wert wurde auch durch Regierungserlass festgestellt: Der Staatsrat hat sie als besonders schützenswerten Gebäudekomplex eingestuft. Der Bebauungsplan der Gemeinde enthält mehrere Normen, die darauf abzielen, die Kirche aufrecht zu erhalten.
Die Häusergruppe von Puncète – eine weitere bedeutende Siedlung, die in den Jahren fast ausgelöscht wurde – wurde hingegen zum archäologischen Gebiet erklärt.
Die Verbindungen zwischen den verschiedenen Siedlungen sind Teil des Inventars historischer Strassen von regionaler Bedeutung, an deren Wiederherstellung die Stiftung gearbeitet hat.

 


 

Natur und Landschaften
Wie ein grosser Teil des Tessiner Territoriums enthält unser Berg mehrere Wälder und natürliche Habitats auf kleinerem Raum. Diese stellen einen unschätzbaren Reichtum dar, den unsere Arbeit mit Sorgfalt und Harmonie aufzuwerten vermag.
Die natürliche Entwicklung des Waldes in den letzten Jahrzehnten war nicht in der Lage, die geduldige, jahrhundertelange Arbeit auszulöschen, mit der die Menschen dieses Gebiet in einen angenehmen und für ihr Überleben förderlichen Ort verwandelt haben.
Die geologischen und klimatischen Bedingungen der Region hatten in der Tat die Entwicklung einer Gemeinschaft (bis 1700 bis zu 700 Personen, die in den verschiedenen Häusergruppen dauerhaft lebten) im Einklang mit Landschaft und Natur begünstigt.
Die von uns geplante Intervention zielt darauf ab, die Erhaltung der Naturräume mit gezielten Eingriffen zu verbinden, die das Zweck verfolgen, den Wald, die Weiden und die zahlreichen Pfade voller Geschichte und Traditionen, die der Mensch im Laufe der Jahrhunderte hinterlassen hat, teilweise wiederherzustellen.
Ein faires Gleichgewicht zwischen all diesen Komponenten wird dazu beitragen, eine grössere Nähe der Menschen zur Natur zu fördern. Auf diese Weise möchten wir zur Stärkung der Beziehung zum Territorium beitragen.

 


 

Landwirtschaft
Dank der harten Arbeit einiger weniger Berufsbauern und vieler „Amateure“ bleiben einige landwirtschaftliche Aktivitäten auf unserem Berg erhalten.
Die Weiden von Piemoritt werden zu Beginn des Sommers von einem Älpler genutzt, der auch die Vorweide von Mornera nutzt, während die Weide von Albagno im Sommer noch für Schafe, Ziegen und Kälber gebraucht wird.
Mit der Schaffung einer grossen Weidewaldfläche möchte die Stiftung zu einem Projekt mit breiterer Reichweite beitragen, dessen Ziel es ist, eine angemessene Präsenz landwirtschaftlicher Aktivitäten auf dem Berg zu gewährleisten.
In der Gegend von Curzútt hat die Stiftung auch zwei Weinberge restauriert, deren Wein im örtlichen Restaurant verkauft wird. Ausserdem wird in den letzten Jahren eine reduzierte Landfläche zusätzlich kultiviert, um eine kleine Menge Safran zu produzieren.

 


 

Soziales Leben und Erholung
Durch irgendeinen geheimnisvollen Mechanismus lernen Menschen, wenn sie sich in einer angenehmen natürlichen Umgebung wiederfinden, die Freude der Solidarität und menschlichen Verbundenheit zu schätzen.
In der Hektik unserer Städte grüssen sich die Menschen selten, selbst wenn sie einander kennen. In der Natur hingegen wird es zum Vergnügen, auch mit fremden Personen ein paar Worte zu wechseln.
Kinder entdecken zudem die Freude des einfachen, kostenlosen Spiels wieder. Eine kleine Hütte, ein paar im Wald gefundene Hölzer, der direkte Kontakt mit Tieren und die eigene lebhafte Fantasie sind alles, was sie brauchen, um wundervolle Tage in Kontakt mit der Natur zu geniessen.
Der Bau der Schutzhütte in Curzútt ist daher in erster Linie den vielen Jugendlichen gewidmet, die nicht mehr das Glück haben, diese Freude zu geniessen, die bei den meisten Tessinerinnen und Tessinern hingegen angenehme Erinnerungen hervorrufen.
Die Stiftung fördert auch die Wiederherstellung und Anlage von Wanderwegen mit Erholungs- und didaktischer Funktion. Diese Räume werden in erster Linie Schulen und Gruppen gewidmet, mit denen wir uns auch eine Zusammenarbeit bei der Bewirtschaftung des Waldes und der Weiden erhoffen.
Und zuletzt unterhält die Stiftung ein temporäres Beschäftigungsprogramm im Bausektor.

 


 

Wald
Der Tessiner Kastanienwald leidet nach dem Verlust seiner wichtigen wirtschaftlichen Funktion unter einem kontinuierlichen Verfall.
Aber selbst in diesem Fall wäre es unvernünftig, einfach die Uhr zurückdrehen zu wollen.
In vielen Fällen hat sich der Wald spontan so entwickelt, dass die natürlichen Komponenten besonders wichtig sind. Dort können an diesen Lebensraum angepasste Arten wachsen, die uns Hinweise darauf geben, wie sich Waldökosysteme entwickeln.
In Absprache mit der Kantonsforstabteilung ist die Stiftung in diesem Teil des Territoriums tätig und konzentriert sich auf die Wiederherstellung von über 100’000 Quadratmetern Weidewald. In diesem Sektor wird der Wald stark gelichtet, damit die interessantesten Pflanzen wachsen und Früchte tragen können.
Jahrhundertealte Bäume werden sorgfältig und adäquat beschnitten. Die Arbeit der Forstarbeiter ist so gut, dass einige dieser Bäume wie echte Skulpturen aussehen. Das wiederhergestellte Waldland wird auch eine rationellere Methode zum Pflücken von Kastanien ermöglichen, die schliesslich an Sammelzentren zur Umwandlung übergeben werden.

 


 

Infrastruktur
Die Region ist extrem wasserarm, da die Geologie des Gebirges dazu führt, dass Quellwasser in das Sementina-Tal umgeleitet wird.
Ausgehend von einer dieser Quellen, die sich über 700 m über dem Meeresspiegel befindet, hat die Stiftung eine Pipeline realisiert, die den gesamten Berg durchquert und gleichzeitig ein wichtiges Brandbekämpfungsinstrument ist.
Der letzte Teil dieses Aquädukts kann dann den höchsten Teil der Weinberge von Monte Carasso versorgen, von denen die meisten aufgrund der Knappheit dieser wichtigen Ressource wiederum gefährdet sind.
Die Stiftung hat auch ihr Projekt zur Elektrifizierung des hohen Hügels ausgeführt, wodurch es jetzt möglich ist, die Kirche von San Barnárd nachts zu beleuchten.
Um die Verwendung von Schadstoffen (z. B. gasbetriebene Generatoren) für die Stromerzeugung einzudämmen, stelltsie die Stiftung dem Restaurant-Gästehaus und den Zweitwohnungen für ihren Grundbedarf zur Verfügung (weswegen kein Heizungsstrom geliefert wird, da Heizen durch das Verbrennen von vor Ort gefundenem Holz erfolgen kann).
Ausserdem hat die Stiftung die Zwischenstation der Luftseilbahn Monte Carasso-Mornera realisiert, u.a. um zu verhindern, dass die Landschaft durch Strassenbau verunstaltet wird.
Eine weitere Errungenschaft der Stiftung ist der Bau von Kanälen zur Ableitung von Abwasser, welche die von Curzútt herunterlaufen und mit denen der gesamten Gemeinde verbunden sind.
Zuletzt haben wir 2015 die tibetische Brücke Carasc eröffnet, die von ihrer Lage auf 600 m über dem Meeresspiegel die Stadtteile von Monte Carasso und Sementina verbindet, indem sie den gleichnamigen Bach überquert.